Um den erhöhten Kosten Rechnung zu tragen, die sich durch einen Pflegebedarf ergeben, gibt es in Österreich die Möglichkeit, Pflegegeld zu beantragen.

Pflegegeld stellt eine zweckgebundene Leistung zur teilweisen Abdeckung des Pflegebedarfs und keine Einkommenserhöhung dar. Häufig übersteigen die tatsächlichen Kosten für Pflege die Höhe des Pflegegeldes. Daher kann das Pflegegeld nur als pauschalierter Beitrag zu den Pflegekosten gesehen werden.

In diesem Beitrag informieren wir Sie über die Voraussetzungen, Beantragung und die Höhe des Pflegegeldes je nach Pflegestufe.

Voraussetzungen für Pflegegeld

Unter folgenden Voraussetzungen kann Pflegegeld bezogen werden:

  • Es besteht ein ständiger Betreuungs- und Hilfsbedarf wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung, die voraussichtlich mindestens 6 Monate andauern wird
  • Weiters besteht ein ständiger Pflegebedarf von mehr als 65 Stunden pro Monat
  • Es besteht ein gewöhnlicher Aufenthalt in Österreich, wobei auch eine Gewährung im EWR Raum und in der Schweiz unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist

Pflegebedarf

Im Sinne des Bundespflegegesetzes liegt ein Pflegebedarf vor, wenn bei den Betreuungsmaßnahmen und Hilfeverrichtungen Unterstützung nötig ist.

Betreuungsmaßnahmen sind all jene Tätigkeiten die den persönlichen Bereich betreffen. Beispielsweise Körperpflege, An- und Auskleiden und Verrichtung der Notdurft. Darüber hinaus auch Unterstützung bei Inkontinenz, Kochen, Essen, Medikamenteneinnahme, Kanülen- oder Sondenpflege oder Fortbewegung im eigenen Wohnbereich.

Hilfsverrichtungen hingegen betreffen den sachlichen Lebensbereich.

Beurteilung des Pflegebedarfs

Für die Beurteilung können ausschließlich folgende 5 Hilfsverrichtungen herangezogen werden:

  • Herbeischaffen von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Bedarfsgütern des täglichen Lebens
  • Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände
  • Pflege der Leib- und Bettwäsche
  • Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung des Heizmaterials
  • Mobilitätshilfe im weiteren Sinn (z.B. Begleitung bei Amtswegen oder Arztbesuchen)

Bei bestimmten Personengruppen kann bei der Feststellung des Pflegebedarfs zusätzlich ein Erschwerniszuschlag (je nach Beeinträchtigung zusätzlich 25 bis 75 Stunden pro Monat) berücksichtigt werden. Dieser soll den Mehraufwand der Pflegesituation pauschal abgelten. Beispielsweise bei Menschen mit schweren geistigen oder psychischen Behinderungen, Demenz oder schwerstbehinderte Kindern/Jugendlichen.

Bei bestimmten Erkrankungsformen (z.B. Sehbehinderung, Personen mit Rollstuhl) gibt es aufgrund des weitgehend gleichartigen Pflegeaufwandes eine vordefinierte Zuordnung der Pflegestufe.

Werden auch andere pflegebezogene Leistungen bezogen, werden diese zur Vermeidung von Doppelleistungen auf das Pflegegeld angerechnet und vermindern somit den Auszahlungsbetrag. Dazu gehören beispielsweise:

  • Pflege- oder Blindenzulage nach den Sozialentschädigungsgesetzen
  • Erhöhte Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder

Quelle: https://www.oesterreich.gv.at/themen/soziales/pflege/4/Seite.360512.html

Höhe des Pflegegeldes

Monatlicher Pflegebedarf in Stunden Pflegestufe Monatlicher Betrag in Euro (2022)
über 65 Stunden 1 165,40 Euro
mehr als 95 Stunden 2 305,00 Euro
über 120 Stunden 3 475,20 Euro
mehr als 160 Stunden 4 712,70 Euro
über 180 Stunden, wenn ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand erforderlich ist. 5 968,10 Euro
mehr als 180 Stunden, wenn
– zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen notwendig sind und diese regelmäßig tags- und nachtsüber zu erbringen sind oder
– die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson tags- und nachtsüber notwendig ist, weil die Wahrscheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung möglich ist.
6 1.351,80 Euro
über 180 Stunden, wenn keine zielgerichteten Bewegungen der vier Extremitäten mit funktioneller Umsetzung möglich sind oder ein gleichzuachtender Zustand gegeben ist. 7 1.776,50 Euro

Quelle: https://www.sozialministerium.at/Themen/Pflege/Pflegegeld.html

Ausbezahlt wird das Pflegegeld 12-mal im Jahr – monatlich rückwirkend. Lohnsteuer und Krankenversicherungsbeiträge werden davon nicht abgezogen. Während eines Aufenthalts im Krankenhaus oder auf Kur ruht der Pflegegeld-Bezug ab dem zweiten Tag, wenn der Großteil der Kosten durch die Sozialversicherung, den Bund, die Krankenfürsorgeanstalt oder den Landesgesundheitsfonds gedeckt wird.

Antrag auf Pflegegeld stellen

Betroffene selbst, deren Angehörige oder gesetzliche Vertreter:innen, können den Antrag auf Pflegegeld stellen. Die zuständige Stelle ist der jeweilige Versicherungsträger. Genauer gesagt, jene Institution, die auch die Pension auszahlt. Dorthin müssen auch Anträge auf Erhöhung des Geldes geschickt werden.

Pensionsversicherungsanstalten je nach Versicherung:

Ist jemand berufstätig, mitversichert, bezieht Mindestsicherung oder Rehabilitationsgeld, muss das Pflegegeld bei der Pensionsversicherungsanstalt beantragt werden.

Pflegegeldverfahren und Gutachten

Nachdem Sie den Antrag auf Pflegegeld zum Pensionsversicherungsträger geschickt haben, wird der Pflegebedarf festgestellt. Dafür kommt eine Ärztin bzw. ein Arzt oder eine diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekraft zu Ihnen nachhause. Nachdem das Gutachten erstellt wurde, wird die Pflegestufe mittels Bescheides festgestellt.

Sind Sie mit dem Gutachten (Höhe der Einstufung) nicht einverstanden? Dann können Sie Ihre Klage beim jeweiligen Arbeits- und Sozialgericht einbringen. Es besteht auch die Möglichkeit die Klage beim nächstgelegenen Bezirksgericht einzubringen.

Bei rechtzeitiger Klagseinbringung überprüft das Gericht die Anspruchsvoraussetzungen und bei Bedarf kann ein Gutachten durch gerichtlich beeidete ärztliche Sachverständige eingeholt werden.

Welche Pflegestufe gültig ist, ist eine Rechtsfrage. Somit sind der Sozialversicherungsträger und das Gericht zuständig.

WICHTIG: Die Klage muss innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung des Bescheides eingebracht werden!

Erhöhung beantragen

Wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert, kann man einen Erhöhungsantrag stellen. Dabei muss man angeben, inwieweit sich der Zustand seit der letzten Begutachtung verschlechtert hat. Zusätzlich, in welchen Bereichen nun Pflege benötigt wird bzw. wie sich der Aufwand erhöht hat. Danach folgt derselbe Ablauf wie beim Erstantrag.

Ist seit dem letzten Bescheid noch kein Jahr vergangen, dann braucht man eine Bestätigung des Hausarztes bzw. der Hausärztin. Gegebenenfalls auch Befunde von Krankenhausaufenthalten. Dadurch kann man die Verschlechterung des Gesundheitszustandes glaubhaft machen.

Außerdem kann es sein, dass sich der Gesundheitszustand verbessert. Woraus folgt, dass der Pflegebedarf weniger wird. Dann muss man dies binnen 4 Wochen an den Entscheidungsträger melden.

Verstirbt der Pflegegeldbezieher, so muss man dies bei der auszahlenden Stelle melden. Der Anspruch auf Pflegegeld erlischt mit dem Sterbetag. Dadurch bekommt man in diesem Monat das Pflegegeld nur aliquot ausbezahlt.

Gutachten

Das Gutachten wird entweder zu Hause, im Pflegeheim oder (wenn nicht anders möglich) im Krankenhaus erstellt. Im Falle eines Hausbesuches muss dieser vorher angekündigt werden. Teil des Besuches ist es, dass sich der/die Sachverständige erkundigt, wie der Betreuungs- und Pflegebedarf ist. Weiters führt sie/er die Anamnese und die Untersuchung der pflegebedürftigen Person durch. Basierend darauf wird das Gutachten erstellt und weitergeleitet.

Wenn Betroffene möchten, dass bei der ärztlichen Untersuchung eine Vertrauensperson dabei ist und befragt wird, so darf diese Auskunft über die Pflegesituation geben. Findet die Begutachtung in stationären Institutionen statt, muss das Pflegepersonal befragt werden. Darüber hinaus zählt auch die Pflegedokumentation.

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