Ganzheitliche Pflege

Jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche – fortgeschrittenes Alter ändert daran nichts. Genau da setzt die ganzheitliche Pflege in Pflegeheimen an. Dabei stehen die Seniorinnen und Senioren mit ihren körperlichen, sozialen und psychischen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Mehr zu dieser individuellen und umfassenden Pflege- und Betreuungsform lesen Sie in diesem Beitrag.

Ganzheitliche Pflege in Seniorenheimen

Peter Keiblinger, Pflegedienstleiter in der SeneCura Residenz Oberdöbling, erklärt: Ganzheitlichkeit muss man so verstehen, dass man den Menschen als Ganzes betrachtet. Er ist immer mehr als die Summe der Teile und besteht stets aus Körper, Geist, Seele und dem sozialen Umfeld. Jeder entwickelt sich im Laufe seines Lebens zu einem selbstständigen, autarken Menschen. Basierend auf den Erfahrungen auf Ebene der Ganzheitlichkeit, bildet sich sein Charakter und spielen sich auch seine Handlungen ab.

Ganzheitliche Pflege war nicht von Anfang an gegeben – der Beruf der Altenpflege hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Seit den 80iger-Jahren wurde dieses Prinzip jedoch mehr und mehr zu Norm.  Zu Beginn waren die Versorgung sowie das Unterscheiden zwischen Gesundheit und Krankheit vordergründig. Die Erkenntnis, dass ein Mensch mehr als Gesundheit und Krankheit ist, entwickelte sich erst in den 80iger- und 90iger-Jahren.

Pflegeheim heißt nicht gleich Krankheit

In Pflegeheimen wohnen viele alte Menschen, die zwar pflegebedürftig, aber nicht krank sind. In solchen Fällen ist die ganzheitliche Pflege besonders wichtig. Spricht man über das Thema Krankheit, spricht man bei Menschen über den Ist-Zustand. Auch, wenn eine Person krank ist, hat sie noch gesunde Anteile. Umgekehrt: Jede gesunde Person hat auch kranke Anteile. Es kommt immer darauf an, wie man einen Menschen betrachtet. Ganzheitlichkeit heißt, beide Anteile zu sehen.

Die moderne Pflege ist ressourcenorientiert. Konkret bedeutet dies, dass die Fähigkeiten, die ein Mensch noch hat, gefördert werden. Beispielsweise kann ein Mensch im Bett liegen und in seiner Bewegung extrem eingeschränkt sein. Dennoch kann er noch sprechen und klar denken. Darin liegt die Herausforderung: Zu erkennen, wozu ein Mensch noch fähig ist und wo er seinen persönlichen Bedürfnissen noch selbst nachkommen kann.

Betreuung im Pflegeheim

Ganzheitliche Pflege

Der Mensch steht immer im Mittelpunkt – diese Grundhaltung sollten auch Mitarbeitende verinnerlichen. Hier geht es nicht darum, Personen körperlich nahe zu sein. Vielmehr geht es darum, wie man Senioren seelisch näherkommen kann. In diesem Zusammenhang kommt der Beziehungsarbeit große Bedeutung zu.

Die Frage, wie man eine gute Beziehung aufbaut, ist dabei vordergründig. Dazu gehört auch Verständnis dafür, warum dieser Mensch in diese Situation gekommen ist, wo eben genau diese Bedürfnisse vordergründig sind. Deshalb braucht es eben Persönlichkeiten, die sich auch zurücknehmen können und stabil sind. Mechanische Tätigkeiten auszuführen, ist nicht das Problem. Viel bedeutender ist das „Gefühl für Menschen“, weiß Peter Keiblinger. Und das ist nicht immer anzutreffen.

Betrachtet man die Gegenseite – nämlich jener der betreuten Menschen – so ist es nicht immer einfach, dass diese akzeptieren, dass sie nun in einer Pflegeabhängigkeit sind. Das macht es oft schwer und ist auch der Punkt, wo Personal aus der Pflege diese Menschen auch in ihrer Situation entlasten. „Es geht darum die Lebensqualität zu erhöhen und nicht nur die Pflegequalität“, erklärt Peter Keiblinger.

Lebensqualität bedeutet für jeden etwas Anderes. Es liegt in der Verantwortung des Pflegepersonals, jeden Bewohner bei der Verwirklichung von Lebensqualität zu unterstützen. Nicht die Pflegequalität, sondern das Individuum sollte bei der ganzheitlichen Pflege im Fokus stehen.

Kernkompetenzen für ganzheitliche Pflege

Im Zuge der Ausbildung geht es um theoretische Kenntnisse, praktische Ausbildung findet in Krankenhäusern und Pflegeheimen statt. Natürlich ist es wichtig zu lernen, wie bestimmte Tätigkeiten ausgeführt werden. Dennoch bräuchte es im Pflegebereich noch mehr Wissensvermittlung über Psychologie und Soziologie durch die Ausbildung. Durch die Psychologie würde man besser verstehen, warum eine Person so geworden ist, wie sie jetzt ist. Die Soziologie würde besseren Einblick geben, wie man von  Umweltflüssen beeinflusst wurde.

Im Pflegealltag werden individuelle Pflegepläne erstellt. Hierzu gibt es erstmal gesetzliche Voraussetzung im Gesundheits- und Krankenpflegebereich im Pflegegesetz. Diese sieht vor, dass für jede Bewohnerin, jeden Bewohner ein sogenannter Pflegeplan im Sinne des Pflegeprozesses erstellt werden muss. In einem ersten Schritt geht es um die Anamnese. Diese Phase dreht sich darum, was für den betreuten Menschen das Wichtigste ist. Muss er gesichert werden, damit er nicht wundliegt? Wobei braucht er im Alltag Unterstützung? Danach geht es darum, welche Bedürfnisse dieser Mensch hat.

Planung der Pflege

Nachdem alles mit den betroffenen Personen und deren Familien besprochen wurde, kommt es zur Beobachtung. Alles Wesentliche wird verschriftlicht, um dann digital als Pflegeplan verarbeitet zu werden. Dazu gehören unter anderem Risikoplanung, psychosoziale Planung sowie auch wesentliche Maßnahmen, um jemanden bei der Schaffung von Lebensqualität zu unterstützen. Hier gilt es, genau hinzuhören und das Wesentliche zu erfassen.

Alltag im Pflegeheim

Alltag in einem Pflegeheim

Einen pauschalen Tagesablauf gibt es nicht – dieser gestaltet sich von Einrichtung zu Einrichtung verschieden.

Jede Einrichtung hat ihre Struktur. Deshalb liegt die Herausforderung darin, dass darin individuelle Bedürfnisse ihren Platz finden. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollen aus verschiedenen Angeboten wählen können, die Möglichkeit zu haben am sozialen Leben teilzunehmen oder sich zurückzuziehen, wenn sie das möchten. Hören Sie mehr zum Konzept der ganzheitliche Pflege in dieser Podcast-Folge.

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