Hören im Alter

Wer mit zunehmendem Alter schlechter hört, ist damit nicht allein. In Österreich ist jeder etwa 3. über 60 Jahren von einer Hörbeeinträchtigung betroffen, bei den Über-65-Jährigen sogar jeder 2. Schlechtes Hören im Alter kann weitreichende Folgen haben. Eine Negativspirale, die sogar in eine Demenz münden kann, entsteht. Lesen Sie in diesem Beitrag was Sie bei verminderter Hörfähigkeit tun sollten.

Unser Gehör ist ein wichtiges Instrument, um uns mit unserer Umwelt auszutauschen. Dadurch interagieren wir nicht nur mit anderen Menschen. Vielmehr warnt es uns auch vor Gefahren, hilft uns bei der Orientierung im Raum, bei Begegnungen mit anderen und auch bei unseren Emotionen. Denn, wir hören etwa, in welcher Stimmlage und Lautstärke jemand etwas sagt und können es so besser einordnen.

Ursachen für beeinträchtigtes Hören im Alter

Wenn es ab einem gewissen Alter zu einer dauerhaften beidseitigen Schwerhörigkeit im Innenohr kommt, spricht man von Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis). Dabei sind anfangs vor allem hohe Frequenzen betroffen. Andere Gründe, wie etwa Infektionen oder Lärmtraumata, können meist ausgeschlossen werden. Hören im Alter verschlechtert sich bei fast jedem Menschen.

Dennoch verwehren sich viele Betroffene der Unterstützung durch Hilfsmittel und nehmen die Problematik zu wenig ernst. Viele suchen erst Hilfe, wenn sie Unterhaltungen nicht mehr folgen können oder ihre Orientierung bereits gestört ist. Expert:innen raten jedoch dazu, sich so schnell wie möglich Hilfe zu holen, wenn sich das Hören im Alter verschlechtert. Vor allem aber auch, um weitere negative Folgen zu vermeiden.

Hören im Alter und Altersschwerhörigkeit

Aufbau des Ohrs

Unser Ohr besteht aus folgenden drei Bereichen:

  • Außenohr: Dort befinden sich die Ohrmuschel und der äußere Gehörgang.
  • Mittelohr: Hinter dem Trommelfell sind drei Gehörknöchel des Mittelohrs, die aufeinanderfolgen.
  • Innenohr: Danach befindet sich das Innenohr, wo auch das menschliche Gleichgewichtsorgan sitzt. Weiters auch die Hörschnecke, die Haarfasern sowie die Nervenbahnen, die für die Weiterleitung eintreffender Informationen ans Gehirn zuständig sind.

Kommt also ein Geräusch im Außen vor, leiten das Außen- und Mittelohr den Schall ans Innenohr weiter. Hierin liegt auch die Problematik an schlechtem Hören im Alter. In dem Fall erreichen die Tonschwingungen zwar das Mittelohr, können dort aber nicht weiterarbeitet und ans Gehirn weitergeleitet werden. Durch Alterungsprozesse kommt es zirka ab dem 50. Lebensjahr zum Abbau und Verschleiß der Sinneszellen sowie Hörnerven.

Beeinträchtigung der lautsprachlichen Kommunikation

Zwar hört die betroffene Person noch, versteht aber das Gesagte nicht mehr. Für Hörbeeinträchtige wirkt es unklar und schwer verständlich. Hierbei müssen sie sich sehr konzentrieren und verstärkt auf weitere Informationen zurückgreifen. Dazu zählen etwa die Lippenbewegungen, die Mimik und Gestik sowie der Kontext. Dies führt dazu, dass Aussagen nicht oder falsch verstanden werden.

Betroffene Menschen gestehen vielleicht noch zu Beginn, dass sie etwas nicht verstanden haben. Doch im weiteren (Gesprächs)verlauf resignieren sie irgendwann. Außerdem ist nicht jedes Gegenüber geduldig genug, um das Gesagte mehrfach zu wiederholen. Zudem ist schlechtes Hören im Alter mit einer gewissen Scham besetzt. Man kann nun etwas nicht mehr so gut wie früher. Somit fällt es oft schwer, sich dies einzugestehen.

Gespräche gestalten sich für Hörbeeinträchtigte schwierig. Deshalb ziehen sie sich nicht selten von ihrer Umwelt zurück, meiden Freizeitaktivitäten und vermindern ihre sozialen Kontakte. Folglich sinkt der Selbstwert und die Einsamkeit steigt. Nicht selten führt dies zu Depressionen.

Einschränkungen bei der Orientierung

Damit ist gemeint, dass jemand die akustische Umwelt nicht mehr wahrnimmt wie früher. Geräusche, wie etwa das Surren des Kühlschranks, spielende Kinder im Hof oder das läutende Telefon, hören Betroffene nicht mehr. Wenn das Hören im Alter beeinträchtigt ist, ist auch die Welt im Außen unsicherer. Denn, Autos oder andere Gefährte, die sich nähern, werden nicht oder verzögert gehört. Weiterhin leiden die räumliche Orientierung und das Lokalisieren von Geräuschquellen unter der Schwerhörigkeit.

Diagnose von schlechtem Hören im Alter

Auch, wenn viele Betroffene sich davor sträuben, ist es wichtig, früh genug eine Hals-Nasen-Ohren-Ärztin oder -Arzt aufzusuchen. Diese(r) stellt fest, wie stark die Hörbeeinträchtigung bereits fortgeschritten ist und welche Art der Hörstörung gegeben ist.

Verschlechtert sich Ihr Hören im Alter, gibt es folgende Untersuchungen:

  • Otoskopie: Hierbei schaut die Ärztin/der Arzt mit einem trichterförmigen Otoskop oder einem Ohrenmikroskop in den Gehörgang. Des Weiteren auch auf das Trommelfell. So sieht sie/er, ob etwa Fremdkörper oder Infektionen schuld daran sind, dass jemand schlechter hört.
  • Tonschwellenaudiometrie: Aufgrund dieser Untersuchung kann festgestellt werden, welche Art und Schweregrad bei der Hörbeeinträchtigung vorliegt. Betroffenen spielt man in einer schallgeschützten Kammer Reintöne vor. Konkret bedeutet dies, dass ihnen auf jedem Ohr einzelne Töne präsentiert werden. Zuerst über einen Kopfhörer, anschließend über einen Knochenhörer. Je nachdem, welche Töne und Frequenzen noch gehört werden, kann auf die Ursache geschlossen werden.
  • Tympanometrie: Die Ärztin/der Arzt achtet hier auf die Funktionsfähigkeit und Reflexe des Mittelohrs. Es wird überprüft, wie flexibel das Trommelfell ist und wie gut die Gehörknöchel zusammenspielen. Hierzu wird das Ohr unterschiedlichen Druckstärken ausgesetzt.

Probleme durch beeinträchtigtes Hören im Alter

Schwerhörigkeit und Gehirn

Schlechtes Hören im Alter ist jedoch nicht nur eine Belastung per se. Es wurde auch ein Zusammenhang zwischen langfristiger Schwerhörigkeit und Veränderungen im neuroplastischen Netz im Gehirn gefunden. Dabei kommt es zu einer schwächeren Verbindung im limbischen System. Folglich zu Beeinträchtigungen in der emotionalen Reaktion, der Aufmerksamkeit und dem Gedächtnis.

Depression und Isolation

Wer gegen seine Hörbeeinträchtigungen nichts unternimmt, riskiert also unter Umständen starke kognitive Beeinträchtigungen. Dazu gehören vor allem die Gedächtnisfunktion, die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung und die Multitasking-Fähigkeiten. Weiters auch die Fähigkeit, ungewollte Reaktionen zu unterdrücken. Dauerhaft schlechtes Hören im Alter geht Studien zufolge nicht nur mit sozialer Isolation einher. Darüber hinaus steigt auch das Risiko einer Depression und Demenz.

Schlechtes Hören im Alter – eine Negativspirale

Da viele Schwerhörige weniger am Sozialleben teilhaben und sich isolieren, sind sie weniger akustischen und sozialen Reizen ausgesetzt. Somit kommt es zur Unterforderung des Gehirns und zur Förderung des kognitiven Abbaus. Diese Spirale begünstigt auch die Entstehung von Demenz. Ist jemand bereits an Demenz erkrankt, kann der Krankheitsverlauf durch eine Hörbeeinträchtigung zusätzlich schlecht beeinflusst werden.

Hilfsmittel gegen schlechtes Hören im Alter

Vorbeugend gibt es kein Allheilmittel, um Hörverlust im Alter zu verhindern. Dennoch gelten ein gesunder Lebensstil und die Vermeidung von dauerhaftem Lärm als hilfreich. So können die Einschränkungen zumindest minimiert werden. Stellen Sie jedoch fest, dass ihr Hören im Alter schlechter wird, sollten Sie so rasch wie möglich eine Ärztin/einen Arzt aufsuchen.

Denn, Untersuchungen zeigen: Die Fähigkeit zur Sprachwahrnehmung und Verarbeitung im Gehirn verringern sich, wenn die zentrale Hörbahn über Monate oder Jahre nicht adäquat akustisch stimuliert wird. Somit gestaltet sich eine Hörgeräteanpassung oft schwierig. Dementsprechend ist es sehr wichtig, dass Sie bei nachlassendem Hörvermögen schnell der Ursache auf den Grund gehen und etwa ein Hörgerät als Hilfe verwenden.

Die Marktanalyse EuroTrak (Anovum 2015) in der Schweiz hat ergeben, dass Hörgerätebesitzer:innen sich als weniger vergesslich und weniger depressiv einstuften. Außerdem zeigten mehrere Studien, dass sich die kognitiven und psychosozialen Fähigkeiten verbesserten. Überdies steigert sich das psychische Wohlbefinden, Angst- und Depressionssymptome vermindern sich.

Zusammenfassung zu Hörbeeinträchtigungen

Sollten Sie bemerken, dass sich Ihr Gehör über längere Zeit verschlechtert – suchen Sie sich Hilfe. So können Sie langfristige negative Folgen vermeiden. Deswegen ist ein Hörgerät eine gute Unterstützung, um bei altersbedingten Hörbeeinträchtigungen zu einer guten Lebensqualität zurückzukehren. Keinesfalls ein Grund, sich zu schämen oder sich selbst zu isolieren.

Quellen:
Rutherford BR et al. Sensation and Psychiatry: Linking Age-Related Hearing Loss to Late-Life Depression and Cognitive Decline. Am J Psychiatry 2018; 175:215–224
Ruf, E., Schumacher Dimech, A., & Misoch, S. (2016). Hören im Alter: eine Übersicht. Fachhochschule St. Gallen:
https://www.fhsg.ch/fhs.nsf/de/interdisziplinaere-kompetenzzentrum-alter-medienbeitraege-undpublikationen
Freund, H. Schwerhörigkeit fördert Demenz. Geriatr Rep 12, 37 (2017). https://doi.org/10.1007/s42090-017-0023-9
https://www.minimed.at/medizinische-themen/hals-nase-ohren/schwerhoerigkeit/

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